Einen weiteren Aspekt der Persönlichkeit Friedrich Spees spiegeln die bisher kaum beachteten Briefe von der Hand des Jesuiten wider, die in der Bibliothek des Schlosses Chantilly bei Paris aufbewahrt werden: Die Handschrift Ms 164 enthält neben kleineren religiösen Texten die Abschriften dreier umfangreicher Briefe an seine jüngeren Brüder Arnold und Johann Adolf aus den Jahren 1612 und 1613. Die ersten zwei Briefe wurden zwar nicht mit einer Zeitangabe versehen; dennoch können sie auf den Herbst des Jahres 1612 datiert werden, da Friedrich Spee die unmittelbar bevorstehende Ablegung seiner Ordensgelübde erwähnt. In beiden Briefen versucht er seinen Brüdern zu erklären, warum er sich für das Leben unter den strengen Ordensregeln der Jesuiten entschieden hatte. Der an den jüngeren Bruder Arnold adressierte Brief fällt recht umfangreich aus, da jener Interesse an einem geistlichen Leben zu haben schien.
Offenbar konkretisierte sich dieses Interesse: Im dritten Brief der Handschrift wendet sich Friedrich Spee im Jahre 1613 erneut an seinen jüngeren Bruder, um ihn darin zu bestärken, in den Ordensstand zu treten. Wortreich versucht der Jesuit, die von Arnold geäußerten Bedenken bezüglich des Keuschheitsgelübdes auszuräumen. Die romantisierenden Beschreibungen werfen ein menschliches Licht auf Spee als Verfechter straffer moralischer Normen.